Wenn ein Waldbrand größere Pflanzen vernichtet, sehen Samen von sogenannten Feuerfolgern ihre Chance: Diese besitzen ein Rezeptorprotein, das bestimmte Moleküle „riechen“ kann, die im Rauch von verbranntem Pflanzenmaterial entstehen, sogenannte Karrikine. Das Rezeptorprotein namens KAI2 setzt eine Signalkaskade in Gang, die die Samen zum Keimen bringt.
Ein Forscherteam um Caroline Gutjahr, Professorin für Pflanzengenetik an der TUM School of Life Sciences Weihenstephan, hat nun herausgefunden, dass es auch eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Wurzelwachstums spielt.
Wurzelhaare vergrößern die Wurzeloberfläche
Um eine große Oberfläche zu erreichen, über die Wasser und Nährstoffe aufgenommen werden können, wachsen den Wurzeln von Pflanzen feine Wurzelhaare. José Antonio Villaécija-Aguilar, Doktorand im Team von Caroline Gutjahr, hat nun die Entdeckung gemacht, dass KAI2 sowohl für das Wachstum dieser Wurzelhaare als auch für das Wachstum der Wurzeln nach unten notwendig ist.
„Wahrscheinlich gilt das nicht nur für die Ackerschmalwand (Arabidopsis), die fast überall auf der Welt vorkommt und von uns als Modellpflanze verwendet wird“, sagt Caroline Gutjahr, „sondern möglicherweise auch für viele andere Pflanzen, zum Beispiel Getreidepflanzen.“
Rauchmoleküle lassen Wurzelhaare wachsen
Um ihre Hypothese zu überprüfen, setzte das Forscherteam junge Arabidopsis-Pflanzen den Karrikin-Molekülen aus, wie sie im Rauch vorkommen. Tatsächlich erhöhte sich dadurch das Wachstum der Wurzelhaare deutlich.
„Unsere Ergebnisse sind auch im Hinblick auf die Evolution interessant“, sagt Caroline Gutjahr. „Es ist wahrscheinlich, dass KAI2 zunächst in allen Pflanzen für die Steuerung bestimmter Entwicklungsprozesse, wie zum Beispiel die Entwicklung von Wurzelhaaren und ähnlichen Strukturen, verantwortlich war – als Reaktion auf ein bisher unbekanntes Pflanzenhormon. Im Laufe der Evolution von feueraktivierten Samen hat KAI2 vermutlich die zusätzliche Eigenschaft entwickelt, Rauch zu detektieren.“
Nutzung in der Pflanzenzüchtung
Die Erkenntnisse tragen nicht nur zu einem tieferen Verständnis der Funktionsweise von Pflanzen bei, sondern können auch für eine zukünftige nachhaltige Landwirtschaft wichtig sein.
„Mit diesem neuen und besseren Verständnis, welche molekularen Mechanismen bei der Entwicklung von Wurzeln und Wurzelhaaren eine Rolle spielen, können wir Pflanzen züchten, die besser in der Lage sind, Nährstoffe und Wasser aus dem Boden aufzunehmen“, sagt Caroline Gutjahr. „Das kann zum Beispiel dazu beitragen, dass Nutzpflanzen längere Trockenperioden überstehen, die in Zukunft vielleicht häufiger auftreten werden.“