Nierenbeckenerweiterung (Pelviectasis) oder Hydronephrose ist ein äußerst umstrittenes Thema in der Pädiatrie, mit vielen unterschiedlichen Klassifizierungen für die pränatale und postnatale Diagnose, sowie sehr unterschiedlichen Managementstrategien.
Die folgenden Leitlinien geben einen Best-Practice-Ansatz, der von den pädiatrischen Diensten in der Region Grampians unterstützt wird.
Diagnose
Antenatale Nierenbeckenentzündung/Hydronephrose wird im Allgemeinen anhand des Nierenbecken-AP-Durchmessers oder ‚APD‘ klassifiziert (Gramelli Am J Obstet Gynae 2006;194:167-73), wobei die Ergebnisse darauf basieren (Lee Pediatrics 2006;118(2):586-93):
- Normal: APD <4 mm
- Mild: APD 4-9 mm (3. Trimester); 4-7mm (2. Trimester) – 12% Chance auf postnatale Pathologie
- Mod: APD 10-15 mm (3. Trimester); 7-10mm (2. Trimester) – 45% Chance auf postnatale Pathologie
- Schwerwiegend: APD >15 mm (3. Trimester); >10mm (2. Trimester) – 88% Chance auf postnatale Pathologie
Die postnatale Hydronephrose wird mit ähnlichen Maßen wie beim pränatalen Ultraschall (unter Verwendung des APD des 3. Trimesters – siehe oben) und/oder der SFU-Klassifikation (Society for Fetal Urology) klassifiziert:
- Grad 0: normales Nierenbecken & Parenchym
- Grad 1: leichte Aufspaltung (Dilatation) des Nierenbeckens mit normalem Parenchym
- Grad 2: Mäßige Aufspaltung (Dilatation) des Nierenbeckens oder erweitertes Nierenbecken außerhalb der Niere, größere Nierenbeckendilatation und normales Parenchym
- Grad 3: Breite Aufspaltung (Dilatation) des Nierenbeckens, größere & kleinere Nierenbeckendilatation mit normalem Parenchym
- Grad 4: Breite Aufspaltung (Dilatation) des Nierenbeckens, starke & geringfügige Kelchdilatation mit verdünntem Parenchym
Praxispunkte
- Antenatale Hydronephrose wird allgemein anhand des Nierenbecken-AP-Durchmessers klassifiziert (leicht 4-9 mm, mod 10-15 mm, schwer >15 mm).
- Postnatale Hydronephrose wird anhand des Nierenbecken-APD-Durchmessers und/oder der SFU-Klassifikation klassifiziert.
- Das Management basiert auf der Stratifizierung in geringes oder hohes Risiko, um die Notwendigkeit einer postnatalen Antibiotikaprophylaxe und den Zeitpunkt eines Folge-Ultraschalls zu bestimmen.
Management
Das Management bei Pelviektasie/Hydronephrose basiert auf dem folgenden Algorithmus:
- Niedriges Risiko: Prophylaktische Antibiotika in Betracht ziehen (bei mittlerem Risiko)*, Wiederholung des Ultraschalls nach 4-6 Wochen, wenn
- unilaterale APD <15 mm (mild-mod) oder SFU Grad 1-3
- bilaterale APD <10 mm (mild) oder SFU Grad 1-2
- keine Anzeichen einer Harnleitererweiterung
- normale Blase
- keine anderen Nierenanomalien
- hohes Risiko: Beginn prophylaktischer Antibiotika*, Wiederholung des Ultraschalls innerhalb von 5 Tagen nach der Geburt, wenn
- einseitige APD >15 mm (schwer) oder SFU Grad 4
- bilaterale APD >10 mm (mittelschwer) oder SFU Grad 3-4
- andere Nierenanomalien, Ureterdilatation oder Blasenanomalien
* Trimethoprim (nicht Co-Trimoxazol) 2mg/kg oder Cephalexin 10mg/kg einmal täglich
Eine Überweisung an die Pädiatrie wird dann im Allgemeinen zur weiteren Behandlung empfohlen. Es gibt nur sehr wenige Indikationen, die einen frühen chirurgischen Eingriff erfordern. Weitere bildgebende Verfahren (MAG-3, DMSA, VCUG) sollten nur nach Absprache mit der Pädiatrie durchgeführt werden.
- Prognose für pränatale Hydronephrose, unabhängig von der Pathologie (Sidhu, Ped Neph 2006):
- 98% Stabilisierung/Auflösung, wenn APD <12 mm oder SFU Grad 1-2 (100% bei SFU Grad 1)
- 51% Stabilisierung/Auflösung, wenn APD > 12 mm bei SFU Grad 3-4
Überweisungswege
- Pädiater
- Eine Überweisung an eine pädiatrische Ambulanz wird für die Nachsorge von vorgeburtlichen oder postnatalen Nierenbeckenentzündungen/Hydronephrosen empfohlen.
- Nierenheilkunde oder Urologie
- Überweisungen für Subspezialitäten können nach Überprüfung durch pädiatrische Dienste in Betracht gezogen werden.