Diskussion
Herpes Zoster ist eine Viruserkrankung mit Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV). Nach einer Primärinfektion, meist im Kindesalter, persistiert das Virus im Spinalganglion. Bei nachlassender Immunität kann das VZV reaktiviert werden und wandert anterograd zur Haut und verursacht dort eine Nervenentzündung und einen Zoster.1 Die Reaktivierungsrate wird mit 20% angegeben.2 Am häufigsten ist die Lokalisation thorakal mit 50-56% und am Kopf mit 20%.2 Seltener befällt das Virus untere Nervensegmente und verursacht Symptome wie Schmerzen, Brennen und Dysästhesien, die eine Lumboskiatika imitieren, wie in unserem Fall gesehen. Eine genaue Inzidenz des lumbalen Herpes zoster ist in der Literatur nicht angegeben. In der Regel ist der Auslöser für die virale Reaktivierung und Entzündung eine Immunsuppression, wie z. B. ein maligner Tumor, eine immunsuppressive Behandlung oder eine chronische immunsuppressive Erkrankung.1-3 Unser Patient wies keine relevante Anamnese auf. Allerdings werden auch Trauma, Stress oder ein Alter ≥50 Jahre als auslösende Faktoren beschrieben.4
Bei Zweifeln an einem entdeckten tebralen Ursprung der Lumbosziatika und dem Verdacht auf eine Herpes-Zoster-Neuralgie sollte die Diagnostik zeitnah erfolgen, da eine frühzeitige Behandlung aufgrund des Risikos persistierender Symptome unumgänglich ist.3 Die Therapie des Herpes zoster umfasst eine Schmerzbehandlung und eine antivirale Behandlung. Die Schmerzbehandlung kann nach der WHO-Analgetika-Leiter und Co-Analgetika, wie z. B. Amitryptilin, durchgeführt werden. Lokale Infiltrationen zur Schmerzlinderung bei Patienten mit Herpes zoster einschließlich selektiver Nervenwurzelblockaden und epiduraler Infiltrationen, wie sie in unserem Fall initial durchgeführt wurden, sind beschrieben.5-7 Aufgrund des Einsatzes von Kortikosteroiden und des Risikos einer viralen Reaktivierung durch die Infiltration selbst bleiben diese Verfahren jedoch umstritten.8,9 Eine antivirale Therapie sollte innerhalb von 48-72 Stunden nach Auftreten der Symptome begonnen werden.2,3 Die antivirale Therapie sollte über mindestens 7 Tage erfolgen und kann oral oder intravenös durchgeführt werden. Ein gängiges antivirales Mittel ist Aciclovir, das sowohl oral (800 mg 5-mal täglich) als auch in schweren Fällen intravenös (5-7,5 mg/kg 3-mal täglich) gegeben werden kann.2 Alternativen zur oralen Behandlung sind z. B. Valacyclovir und Famciclovir. Indikationen für eine antivirale Therapie sind ein Alter jenseits des 50. Lebensjahres, eine Immunsuppression, ein schwerer Zoster des Rumpfes oder der Extremitäten, ein Zoster des Kopfes, des Halses oder des Sakralbereiches sowie eine schwere Dermatitis.2 Komplikationen des Herpes zoster bei verspäteter oder fehlender Diagnose können postherpetische Neuralgien oder postzosterische Neuropathien sein. Die Manifestationsrate der postherpetischen Neuralgie steigt mit dem Alter von >55 Jahren und beträgt 73 % bei Patienten über 70 Jahren.2 Postzosterische Neuropathien wie Taubheitsgefühle und Paresen treten nur in 50 % der Fälle auf.2 Die Diagnose kann verlängert werden, wenn der Hautausschlag wie in unserem Fall erst spät auftritt oder wenn überhaupt kein Hautausschlag vorhanden ist (Zoster sine herpete). In 80 % der Fälle von Herpes zoster tritt der Hautausschlag nach 3-5 Tagen Prodromalschmerz und Parästhesie auf.2 Das Prodromalstadium kann jedoch länger sein oder der Hautausschlag kann ganz fehlen. In diesen Fällen gewinnen unauffällige diagnostische Zeichen an Bedeutung. Bei unserer Patientin konnte mittels MRT ein entdeckter tebraler Ursprung der Beschwerden ausgeschlossen werden. Allerdings zeigte der Patient eine Nervenwurzelvergrößerung des betroffenen Segments. Retrospektiv ist diese Nervenwurzelvergrößerung als eine Vaskulitis und Entzündung des Nervs im Rahmen eines reaktivierten VZV zu sehen. MRT-Befunde, die auf einen Herpes zoster hinweisen, sind unspezifisch und inkonsistent. Während in mehreren Fällen keine pathologischen Befunde in einem MRT berichtet wurden,10-13 gibt es Belege dafür, dass ein MRT Nervenvergrößerungen oder Enhancement zeigen kann.13-15 Eine Studie zeigte die Variation der bildgebenden Auffälligkeiten in Abhängigkeit von der elektrodiagnostischen Lokalisation der Läsionen.16 Bei Patienten mit präganglionären elektrodiagnostischen Läsionen zeigte das MRT keine Auffälligkeiten. Bei Patienten mit Wurzelläsionen zeigte die MRT der Wirbelsäule keine Anomalien, während die MRT des Plexus bei 50 % Anomalien zeigte. Bei Patienten mit elektodiagnostisch definierten postganglionären Läsionen zeigten 64% im MRT des Plexus oder der Nerven Veränderungen, während nur 9% im MRT der Wirbelsäule Anomalien des Rückenmarks oder der Wurzeln aufwiesen. In Zweifelsfällen oder bei fehlendem Hautausschlag kann eine Labordiagnostik hilfreich sein. Die VZV-Polymerase-Kettenreaktion und der Nachweis von VZV in Zellkulturen sind etablierte Methoden.2 Darüber hinaus können IgM- und IgA-anti-VZV-Antikörper im Blut untersucht werden.2 Liegt der typische Hautausschlag mit gruppierten papulovesikulären Läsionen vor, kann eine klinische Diagnose wie in unserem Fall ausreichend sein und eine antivirale Behandlung sofort eingeleitet werden.